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Zum Thema Mietrecht
- 70-jähriger Baumbestand: Schädlicher Rückschnitt auf dem Nachbargrundstück kann kostenspielige Folgen haben
- Darlegungs- und Beweislast: Wer Schönheitsreparaturen vermeiden möchte, muss unrenovierten Übergabestatus belegen können
- Desaströse Dacharbeiten: Neues zu den Pflichten des Verwalters einer Wohnanlage
- Duldung als Gefälligkeit: Rückforderung eines Grundstücks ist jederzeit möglich
- Verlängerung der Räumungsfrist: Ernsthafte Bemühungen um Ersatzwohnraum müssen genau belegbar sein
Bei Rückschnitten von Planzen ist es oft so, dass dem kleinen Finger schnell die ganze Hand folgt. Im Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) ging es um zwei Bäume, und hier lag nahe, dass ganze Arme daran glauben mussten. Mit Folgen, wenn es sich um die Bäume der Nachbarin handelt, denen man nachhaltigen Schaden zugefügt hat.
Eine Frau hatte ein großes Grundstück mit einem rund 70-jährigen Baumbestand und ließ die Bäume regelmäßig von einem Fachunternehmen beschneiden. An der einen Grundstücksgrenze, deutlich auf ihrem Grundstück, standen zwei Bäume. Die Frau war einverstanden, dass der Nachbar die herüberhängenden Äste zurückschneidet. Der Mann nutzte daraufhin eine Abwesenheit der Frau, betrat ihr Grundstück und führte gravierende Schnittarbeiten an beiden Bäumen durch: An der Birke verblieb daraufhin kein einziges Blatt, der kurz vor der Ernte befindliche Kirschbaum wurde vollständig eingekürzt. Ob sich die Bäume erholen werden, war dabei ungewiss. Daraufhin legte die Frau eine Klage auf Schadensersatz von knapp 35.000 EUR ein. Sie erhielt jedoch nur 4.000 EUR und zog vor die nächste Instanz.
Das OLG verwies den Rechtsstreit an das Landgericht (LG) zurück - mit folgenden Hinweisen: Das LG muss im weiteren Verfahren den Sachverhalt zur Bemessung des Schadensersatzes hinreichend aufklären. Nach gefestigter Rechtsprechung ist bei Zerstörung eines Baums in der Regel nicht voller Schadensersatz zu leisten, da die Ersatzbeschaffung in Form der Verpflanzung eines ausgewachsenen Baums regelmäßig mit besonders hohen - und damit unverhältnismäßigen - Kosten verbunden wäre. Der Schadensersatz richtet sich daher vielmehr auf eine Teilwiederherstellung durch Anpflanzung eines neuen jungen Baums sowie einen Ausgleichsanspruch für die verbleibende Werteinbuße des Grundstücks. Die Werteinbuße ist dabei zu schätzen. Ausnahmsweise sind die vollen Wiederbeschaffungskosten nur dann zu zahlen, wenn Art, Standort und Funktion des Baums für einen wirtschaftlich vernünftig denkenden Menschen den Ersatz durch einen gleichartigen Baum wenigstens nahelegen würden. Aufzuklären ist deshalb bei der Bewertung des Schadensersatzes die Funktion der Bäume für das konkrete Grundstück.
Hinweis: Das rechtswidrige Fällen von Bäumen auf Nachbargrundstücken kann also richtig teuer werden. Das sollten alle Beteiligten wissen.
Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 06.02.2024 - 9 U 35/23
zum Thema: | Mietrecht |
(aus: Ausgabe 05/2024)
Der Bundesgerichtshof (BGH) musste schon des Öfteren darüber entscheiden, wann welche Schönheitsreparaturen zu Lasten der Mieter in Mietverträgen zulässig sind. Dass der BGH in diesen Fällen sehr mieterfreundlich urteilt, sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch hierbei einige wichtige Dinge zu beachten sind - wie beispielsweise die vielbesagte Beweislast zu behaupteten Umständen.
In einem Mietvertrag für eine Wohnung sollte eine Mieterin nach Ablauf bestimmter Fristen die Wohnung renovieren. Diese Klausel war nach Auffassung der Mieterin unwirksam, da sie die Wohnung unrenoviert übernommen hatte. Sie verlangte deshalb für die Durchführung von Schönheitsreparaturen einen Kostenvorschuss in Höhe von 26.000 EUR und die Feststellung, dass sie berechtigt sei, die Miete zu mindern. Dann einigten sich die Parteien auf einen Vergleich, und das Gericht musste noch über die Kosten des Rechtsstreits entscheiden.
Die Kosten musste die Mieterin tragen. Beruft der Mieter sich auf die Unwirksamkeit einer formularvertraglichen Überwälzung der Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen unter dem Gesichtspunkt, dass ihm die Wohnung unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassen worden ist, trägt er für diese Behauptung auch die Darlegungs- und Beweislast. Und an einer Darlegung der Mieterin, dass ihr die Wohnung unrenoviert übergeben worden sein soll, fehlte es im vorliegenden Fall.
Hinweis: Es empfiehlt sich stets, bei Einzug in eine Mietwohnung Fotos vom Zustand zu fertigen. Das erspart für beide Seiten häufig späteren Ärger.
Quelle: BGH, Urt. v. 30.01.2024 - VIII ZB 43/23
zum Thema: | Mietrecht |
(aus: Ausgabe 05/2024)
Dieses Urteil sollte alle Verwalter von Wohnungseigentumsanlagen hellhörig werden lassen. Denn die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zeigt, dass die verwalterischen Pflichten wesentlich weitreichender sind, als häufig in der Praxis angenommen wird.
Das Haus einer Wohnungseigentumsgemeinschaft (WEG) erhielt ein neues Dach. Die Arbeiten wurden durchgeführt und dann bei einem Baufortschritt von etwa 90 % eingestellt. Ein später erteiltes Gutachten ergab, dass die Arbeiten mangelhaft und unbrauchbar waren. Der Verwalter hatte nun jedoch bereits über 100.000 EUR bezahlt, größtenteils in Teilzahlungen, ohne dass dazu Abschlagsrechnungen erteilt worden waren. Deshalb verlangte die Eigentümergemeinschaft nun von dem Verwalter die Zahlung von 104.500 EUR nebst Zinsen.
Der BGH hat die Sache an das Berufungsgericht mit folgenden Hinweisen zurückverwiesen: Hat eine WEG mit einem Werkunternehmer einen Vertrag zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums geschlossen, gehört es zu den Pflichten des Verwalters, Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum wie ein Bauherr zu überwachen. Bei der Bewirkung von Zahlungen ist er verpflichtet, wie ein Bauherr im Interesse der WEG sorgfältig zu prüfen, ob bestimmte Leistungen erbracht und Abschlags- oder Schlusszahlungen gerechtfertigt sind. Zahlt der Verwalter im Zuge der Vornahme von Erhaltungsmaßnahmen pflichtwidrig Abschläge, kann für die Ermittlung des Schadens der WEG nicht allein auf die durch die Abschlagszahlungen hervorgerufene Minderung des Gemeinschaftsvermögens abgestellt werden. In den Gesamtvermögensvergleich einzubeziehen ist vielmehr auch, ob und in welchem Umfang die Werkleistungen vertragsgerecht erbracht worden sind. Die Beweislast dafür, dass den gezahlten Abschlägen keine werthaltigen Leistungen gegenüberstehen, trifft die WEG. Eine Haftung des Verwalters wegen pflichtwidriger Abschlagszahlungen scheidet aus, solange eine vertragsgerechte Leistung noch im Wege der (Nach-)Erfüllung durch den Werkunternehmer herbeigeführt werden kann. Ist dagegen die (Nach-)Erfüllung ausgeschlossen und das Vertragsverhältnis zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und dem Werkunternehmer in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen, haftet der Verwalter für die durch die pflichtwidrigen Abschlagszahlungen entstandenen Schäden neben dem Werkunternehmer.
Hinweis: Der Verwalter hat also letztendlich wie ein Eigentümer zu handeln. Wirklich überraschend ist das letztendlich nicht. Denn dafür ist der Verwalter eben genau da.
Quelle: BGH, Urt. v. 26.01.2024 - V ZR 162/22
zum Thema: | Mietrecht |
(aus: Ausgabe 05/2024)
Im folgenden Mietrechtsfall beweist sich einmal mehr der Lehrsatz: "Wer schreibt, der bleibt." Denn egal, was ein Grundstückseigentümer seinen Mietern gegenüber zusichert und wie oft er dies anderen gegenüber bestätigt: In Fällen wie dem folgenden bleibt auch dem Amtsgericht Plön (AG) nichts anderes übrig, als einem Grundstückserben bei dessen Forderung um Rückgabe beizupflichten.
Ein Mann war Eigentümer eines Grundstücks. Seine Nachbarn errichteten auf diesem Grundstück eine Terrasse und einen Carport. Anschließend legten sie einen Kiesweg an und lagerten auf dem fremden Grundstück ihre Mülltonnen und weitere Gegenstände. Als der Eigentümer des Grundstücks 20 Jahre später verstarb, forderte der Erbe die Räumung des Grundstücks. Die Nachbarn behaupteten, der Vater des Erben habe sein Grundstück für die Bebauung des Carports zur Verfügung gestellt und sogar bei der Errichtung tatkräftig mitgeholfen. Gegenüber Familienangehörigen, Nachbarn und Freunden habe er immer wieder geäußert, dass sie das Grundstück haben könnten. Schließlich klagte der Erbe sein Recht ein - und gewann.
Der Erbe hatte einen Anspruch auf Herausgabe des Grundstückteils. Die unstreitige Duldung des Vaters konnte nach Meinung des AG nicht als Willenserklärung zum Abschluss eines Leihvertrags ausgelegt werden. In der Gebrauchsüberlassung allein durch Duldung des Vaters war eine Gefälligkeit zu sehen, so dass eine jederzeitige Rückforderung des Grundstücks möglich ist. Das Gericht urteilte weiter, dass der Verleiher die Sache jederzeit zurückfordern kann, wenn die Dauer der Leihe weder bestimmt noch aus dem Zweck zu entnehmen ist. Unzulässig wäre eine Kündigung der Leihe nur dann, wenn eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit durch die Beendigung des Leihvertrags vorliegen würde. Bei einer Kündigung nach einer Nutzungsdauer von ca. 20 Jahren besteht allerdings keine derart offensichtliche Unwirtschaftlichkeit.
Hinweis: Wird ein fremdes Grundstück bebaut oder genutzt, sollten dafür schriftliche Regelungen, die gegebenenfalls notariell zu beurkunden sind, getroffen werden. So besteht für alle Parteien Rechtssicherheit.
Quelle: AG Plön, Urt. v. 26.01.2024 - 74 C 131/20
zum Thema: | Mietrecht |
(aus: Ausgabe 05/2024)
Mieter können die Verlängerung der Räumungsfrist verlangen, wenn ihre Bemühungen um Ersatzwohnraum in angespannter Lage nicht von Erfolg gekrönt waren. Für eine derartige Angespanntheit gilt Berlin als bundesweites Beispiel. An diesem Punkt setzte nun das Landgericht Berlin (LG) an - denn allein auf dem Fakt, dass Wohnen in der Stadt eine manchmal unmögliche Sache ist, darf sich ein gekündigter Mieter nicht pauschal ausruhen.
Ein Vermieter hatte gegen seine Mieter eine Räumungsklage erhoben. Diese meinten, dass ihnen eine gerichtlich zu gewährende Räumungsfrist zustehe. Sie trugen vor, sie würden keinen Ersatzwohnraum finden. Das Amtsgericht (AG) ordnete deshalb eine Verlängerung der Räumungsfrist an, da der Berliner Wohnungsmarkt "gerichtsbekannt angespannt" sei. Zudem habe der Mieter seine Bemühungen um Ersatzwohnraum "unter Vorlage von Unterlagen dargelegt". Dagegen ging der Vermieter vor.
Das LG hob die Entscheidung auf, so dass das AG erneut entscheiden muss. Bei der nächsten Entscheidung wird es prüfen müssen, ob dem Mieter bei hinreichender Suche tatsächlich die Anmietung von Ersatzwohnraum bis zum Ablauf der ursprünglichen Räumungsfrist unmöglich gewesen sei. Dabei wird es zu klären haben, ob sich der Mieter tatsächlich innerhalb der ursprünglich gewährten Räumungsfrist um Ersatzwohnraum beworben hatte. Ein Hinweis auf angeblich eingereichte Unterlagen reiche dabei nicht aus, denn diese hatte der Mieter nicht eingereicht. Dazu kommt, dass mit der bloßen Einreichung von Bewerbungsunterlagen durch den Mieter noch nicht bewiesen ist, dass den Unterlagen auch tatsächliche Bewerbungsbemühungen des Mieters zugrunde lagen.
Hinweis: Die Bemühungen des Mieters für Ersatzwohnraum müssen also genauestens dargestellt werden. Mieter sollten sich dafür Zeit nehmen und entsprechende Unterlagen zusammenstellen. Ein pauschaler Verweis auf die angespannte Lage am Wohnungsmarkt reicht zur Verlängerung der Räumungsfrist nicht aus,
Quelle: LG Berlin, Beschl. v. 17.02.2024 - 67 T 108/23
zum Thema: | Mietrecht |
(aus: Ausgabe 05/2024)
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