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Zum Thema Mietrecht
- "Coronakonforme" Eigentümerversammlung: Beschlüsse können nicht deshalb angefochten werden, weil sie in Pandemiezeiten getroffen wurden
- Bestechungsversuch auf Wohnungssuche: Amtsgericht nimmt Beklagter Missverständnis durch unglückliche Onlineübersetzung nicht ab
- Der Besitzaufgabe zugestimmt: Aufgepasst, wenn die Polizei die Schlüsselübergabe an den Verpächter verlangt
- Mietenbegrenzungsverordnung: BGH bringt Klarheit zur Frage des Vormietverhältnisses nach Wechsel von Gewerbe- zu Wohnräumen
- Vermietereilantrag abgelehnt: Bis zur Entscheidung in der Hauptsache birgt Berliner Mietendeckel keine irreversiblen Nachteile
Die Versammlung aller Eigentümer ist nach dem Wohnungseigentumsgesetz wichtig und unerlässlich. Was in Zeiten von Corona gilt und ob im Nachhinein eine solche Versammlung mit den dort getroffenen Beschlüssen wegen des allgemeinen Pandemieausbruchs als unzulässig zu erachten ist: Das Amtsgericht Dortmund (AG) kennt die Antwort.
Im Mai 2020 fand eine Wohnungseigentümerversammlung statt, auf der eine Sanierung der Außenfassaden beschlossen wurde. Diese Beschlussfassung griffen zwei Eigentümer mit einer Klage an. Mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragten sie die Außervollzugsetzung der gefassten Beschlüsse. Sie waren der Ansicht, dass die Beschlüsse schon deshalb aufzuheben waren, da die Versammlung aufgrund der Coronapandemie zur Unzeit stattgefunden habe. Sie behaupten zudem, dass hier Malerarbeiten durchgeführt werden sollen, ohne dass zunächst gravierende Schäden an der Hausfassade untersucht und beseitigt würden. Das sah das AG allerdings anders.
Wohnungseigentümerversammlungen sind nach der Corona-Schutzverordnung in der ab dem 11.05.2020 gültigen Fassung grundsätzlich zulässig. Wurden die Vorkehrungen zur Hygiene bei der Beschlussfassung eingehalten, sind die Beschlüsse nicht wegen eines Verstoßes gegen die Schutzverordnung anfechtbar. Irreversible Schäden seien ebenfalls nicht zu befürchten. Bauliche Veränderungen können, soweit die Beschlussfassung rechtskräftig für ungültig erklärt wird, grundsätzlich rückgängig gemacht werden.
Hinweis: Wohnungseigentümerversammlungen sind also nach der Corona-Schutzverordnung in der seit dem 11.05.2020 gültigen Fassung grundsätzlich zulässig. Sind einzelne Eigentümer mit Beschlüssen nicht einverstanden, sollten sie versuchen, die Beschlüsse vor Gericht anzufechten.
Quelle: AG Dortmund, Urt. v. 28.05.2020 - 514 C 84/20
zum Thema: | Mietrecht |
(aus: Ausgabe 01/2021)
Der folgende Fall des Amtsgerichts München (AG) zeigt, wie dringlich die Schaffung neuen Wohnraums ist. Dass Verzweiflung besonders bei finanziell Schwächergestellten groß ist, bleibt unbestritten. Klar ist aber auch, dass die Verzweiflung einen nicht zu unüberlegten und vor allem zu frechen Schriftstücken Behörden gegenüber veranlassen sollte.
Eine Frau war über ein Onlineportal des städtischen Wohnungsamts für eine Sozialwohnung in München registriert und erfüllte die Bedingungen für eine geförderte Ein-Zimmer-Wohnung. Ein Rechtsanspruch auf den tatsächlichen Erhalt einer Wohnung bestand aber nicht, da auch hier die Nachfrage das Angebot bei Weitem übersteigt. Das Amt konnte der Frau demnach auch in den Folgemonaten keine passende Wohnung vermitteln. In einer Mail schrieb sie dann wörtlich: "Wollen Sie Geld dan geben ich ihnen Geld. Es ist keine Problem, ich werde alles tun damit ich eine Wohnung krige. Sagen sie mir wie viel Geld sie brauchen???" Folglich wurde die Frau mit der fordernden Schriftsprache wegen Bestechung angeklagt. Vor Gericht verteidigte sie sich, dass sie die Stadt München nicht bestechen wollte und mithilfe von Google einen Text übersetzte, der misslang. Sie führte an, dass ihre Deutschkenntnisse auch nach fast acht Jahren Aufenthalt in Deutschland sehr mangelhaft seien und sie eigentlich habe sagen wollen, dass sie bereit und imstande wäre, sowohl den Kautionsbetrag für die Wohnung als auch die Wohnungsmiete zu bezahlen.
Doch dann sprach in den Augen des AG so einiges gegen die Annahme, dass hier einfach nur etwas unbeabsichtigt schiefgegangen sei. Zwar können Ergebnisse von Übersetzungsprogrammen wie das von Google oft sinnverzerrend sein, jedoch bieten sie stets die korrekten Schreibweisen der jeweiligen Worte an. Zudem konnte das Gericht keinen nachvollziehbaren Grund finden, warum die Frau nach eineinhalb Jahren Mitgliedschaft in dem Vermittlungsportal bei gleichgebliebenen Einnahmen plötzlich über mutmaßlich zusätzliche Mittel für Kaution und Miete verfüge. Und zu guter Letzt sprach ihre kleine Vorstrafe wegen Unterschlagung in den Augen des AG dafür, dass es sich bei der Falschübersetzung um eine reine Schutzbehauptung der Frau gehandelt habe. Somit bejahte das Gericht eine Bestechung und verurteilte die Angeklagte.
Hinweis: Bestechung ist eine Straftat. Darüber sollten sich alle Beteiligten klar sein. Insbesondere die Bestechung von Behördenmitarbeitern kann weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen. Das Urteil ist aufgrund Berufung der Angeklagten noch nicht rechtskräftig
Quelle: AG München, Urt. v. 02.09.2020 - 1111 Cs 407 Js 224934/19 (2)
zum Thema: | Mietrecht |
(aus: Ausgabe 01/2021)
Der folgende Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) zeigt hervorragend auf, wie schnell man rechtlich falsch liegen kann, selbst wenn der erste Anschein anderes vermuten lässt - vor allem, wenn man tut, was die Polizei von einem verlangt. Drum merke: Wer dem Verpächter freiwillig seine Schlüssel übergibt, kann später der Geschädigte sein und leider nicht auf Milde hoffen.
Es ging um ein gepachtetes Restaurant in einem Hotel beim Frankfurter Flughafen. Im September fand ein Mitarbeiter der Pächterin die Kühlschränke des Restaurants verschlossen vor. Als er den Hausmeister aufsuchte, überreichte ihm dieser die außerordentliche Kündigung des Pachtvertrags und forderte ihn zur Schlüsselherausgabe auf. Die Pächterin ließ daraufhin die Polizei rufen. Nachdem die Polizeibeamten zur Wahrung des Hausrechts der Verpächterin zur Herausgabe der Schlüssel aufgefordert hatten, händigte die Pächterin die Schlüssel aus. Anschließend wollte sie im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Schlüssel und den Besitz an dem Restaurant zurückerhalten. Diesen Antrag wies das OLG jedoch zurück.
Die Pächterin konnte nicht verlangen, dass sie wieder Besitz an den Gastronomieflächen erlangt. Sie hatte den Besitz der Schlüssel nicht durch sogenannte "verbotene Eigenmacht" verloren. Eine solche führe dazu, dass ihr der Besitz wieder einzuräumen wäre. Zwar habe die Verpächterin durch das Abschließen der Kühlschränke, ohne die das Restaurant nicht betrieben werden konnte, den Besitz in verbotener Weise gestört. Indem die Pächterin ihr gegenüber die Schlüssel des Restaurants jedoch willentlich herausgegeben hatte, habe diese der Besitzaufgabe zugestimmt. Die ausgesprochene außerordentliche fristlose Kündigung war auch nicht offenkundig unwirksam, so dass der Pächterin auch nicht deshalb der Besitz wiedereinzuräumen war.
Hinweis: Wenn es um so viel Geld geht, sollte anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden, bevor Fakten geschaffen werden. Das ist in der Regel viel günstiger als der Schaden, der ohne diese Beratung entstehen kann.
Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 16.10.2020 - 2 W 50/20
zum Thema: | Mietrecht |
(aus: Ausgabe 01/2021)
Der folgende Mietfall hat es in sich. Hier stritt eine Berliner Mieterin um die Rückzahlung der ihrer Meinung nach gemäß Mietenbegrenzungsverordnung zu viel gezahlten Miete. Die Vermieterin jedoch bezog sich auf die Vormiete - und genau diese Bezugnahme war der Knackpunkt des folgenden Falls, der erst vor dem Bundesgerichtshof (BGH) endgültig geklärt wurde.
Die betreffende Wohnung liegt nach der am 01.06.2015 in Kraft getretenen Mietenbegrenzungsverordnung des Landes Berlin in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt. Jene 76 Quadratmeter waren bereits zu einer Nettokaltmiete von 950 EUR zu Wohnzwecken und danach zwischenzeitlich aufgrund eines Gewerberaummietvertrags für eine Gesamtmiete von 900 EUR zur Büronutzung vermietet worden. Die jetzige Mieterin, die seit Mai 2016 darin für ebenfalls 950 EUR wohnte, meinte nun jedoch, dass die Nettokaltmiete die ortsübliche Vergleichsmiete von 8,27 EUR pro Quadratmeter um mehr als 10 % übersteige und die ursprüngliche Mietpreisvereinbarung deshalb unwirksam sei. Sie verlangte daher die anteilige Mietrückzahlung und berief sich dabei auf § 556e Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch: "Ist die Miete, die der vorherige Mieter zuletzt schuldete (Vormiete), höher als die nach § 556d Absatz 1 zulässige Miete, so darf eine Miete bis zur Höhe der Vormiete vereinbart werden."
Der BGH sah das letztinstanzlich ähnlich. Dass die Vermieterin die vereinbarte Nettokaltmiete von 950 EUR in gleicher Höhe bereits im "vorletzten" Mietverhältnis vereinbart hatte, stünde den Ansprüchen der Klägerin nicht entgegen. Dass die Wohnung zuletzt als Gewerberaum vermietet war, führe nämlich nicht dazu, dass nunmehr die von der vorletzten Mieterin geschuldete Miete als die "Vormiete" anzusehen sei. Vielmehr ist der "vorherige Mieter" ausschließlich der (direkte!) Mietvorgänger - sofern diesem die Wohnung ebenfalls zu Wohnzwecken vermietet worden war. Deshalb könne sich der Vermieter weder auf das Gewerbemietverhältnis noch auf das Vorvormietverhältnis berufen.
Hinweis: Eine Überprüfung der geforderten Miete kann für Mieter sehr sinnvoll sein. Aber auch Vermieter sollten im Vorfeld klar wissen, welche Miete sie verlangen dürfen.
Quelle: BGH, Urt. v. 19.08.2020 - VIII ZR 374/18
zum Thema: | Mietrecht |
(aus: Ausgabe 01/2021)
Der Berliner Mietendeckel genießt zu Recht bundesweite Aufmerksamkeit. Denn nur eines ist derzeit sicher - und zwar, dass er rechtlich noch lange nicht auf festen Beinen steht. Auch wenn das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nun einen Eilantrag gegen das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin abgelehnt hat, heißt das noch lange nicht, dass dieses Gesetz generell auch rechtmäßig ist.
Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts - aus zwei Gesellschaftern bestehend - war Eigentümerin und Vermieterin von 24 Wohnungen in einem darlehensfinanzierten Berliner Haus. Das Haus sollte insbesondere auch der Altersvorsorge der beiden Gesellschafter dienen. Mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes zur Begrenzung der Mieten in Berlin müsste die Gesellschaft nach ihren Darlegungen jedenfalls für 13 ihrer Wohnungen die Miete absenken. Deshalb zog sie gegen das Gesetz vor das BVerfG.
Das BVerfG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung jedoch abgelehnt. Wird die Aussetzung des Inkrafttretens eines Gesetzes begehrt, ist bei der grundsätzlich durchzuführenden Folgenabwägung ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Die für eine vorläufige Regelung sprechenden Gründe müssen in einem solchen Fall so schwer wiegen, dass sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung unabdingbar machen und darüber hinaus besonderes Gewicht haben. Daher ist von entscheidender Bedeutung, ob die Nachteile irreversibel sind. Solche Gründe wurden in dem Antrag jedoch weder im Hinblick auf die eigene Situation noch für die Gesamtheit oder eine erhebliche Zahl der Vermieter aufgezeigt.
Hinweis: Zwar werden alle Vermieter Berlins in vergleichbarer Lage dazu gezwungen, ihre zunächst wirksam vereinbarten Mieten in bestehenden Mietverhältnissen auf das zulässige Maß abzusenken. Hier treten nach Ansicht der Richter grundsätzlich keine irreversiblen Schäden für den Fall ein, dass sich die Norm nach einer noch ausstehenden Entscheidung des BVerfG in der Hauptsache als verfassungswidrig erweist. Sie kann in diesem Fall die mit ihren Mietern vertraglich vereinbarten Beträge rückwirkend verlangen.
Quelle: BVerfG, Urt. v. 28.10.2020 - 1 BvR 972/20
zum Thema: | Mietrecht |
(aus: Ausgabe 01/2021)
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