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Zum Thema Verkehrsrecht
- Aufschaukelnder Kfz-Anhänger: Käufer sind einfache Maßnahmen zur Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Stützlast zumutbar
- Ersparte Aufwendungen: Taxiunternehmer hat Ersatzanspruch für Großteil der geforderten Mietwagenkosten
- Inkonsequente Beschilderung: Autofahrer müssen nicht allein durch Wechsel des Straßenbelags auf Ende der Parkfläche schließen
- Zu lange Lieferzeit: Rücktrittsrecht eines Autokäufers nach 18 Monaten Wartezeit
- Zurückgetretene Betriebsgefahr: Radfahrer haftet voll für Unfallfolgen nach seinem Vorfahrtsverstoß
Das sogenannte Aufschaukeln eines Kfz ist vielen seit den seinerzeit erschreckenden "Elchtest"-Ergebnissen eines bestimmten Pkw-Modells ein Begriff. Ob sich auch Käufer eines Kfz-Anhängers wirksam gegen das Phänomen eines solchen Aufschaukelns wehren und den Kaufpreis zurückverlangen können, musste das Oberlandesgericht Zweibrücken (OLG) bewerten.
Der Inhaber eines Garten- und Landschaftsbaubetriebs bestellte für seinen Betrieb einen Anhänger bei einem Unternehmen für den Handel mit Baumaschinen. Nach Auslieferung des sogenannten "Starrdeichsel-Plattformanhängers mit Zentral-Doppel-Achse" reklamierte der Käufer nach mehr als drei Wochen ein Aufschaukeln des unbeladenen Anhängers im Fahrbetrieb. Deshalb sei der Anhänger mangelhaft. Der Käufer erhob Klage mit dem Ziel, sich vom Kaufvertrag zu lösen und von dem Unternehmen die Rücknahme und Rückübereignung des Anhängers gegen Rückzahlung des Kaufpreises zu verlangen. Das damit befasste Landgericht Kaiserslautern wies diese Klage jedoch ab.
Nun hat das OLG die Klageabweisung bestätigt. Zur Begründung führte der Senat aus, dass ein Mangel des Anhängers im Verfahren nicht bewiesen worden sei. Bei einem Anhängermodell wie diesem müsse für eine ausreichend hohe Anhängerstützlast Sorge getragen werden. Denn bei zu geringer Stützlast könne es technisch bedingt zu einer unzureichenden Belastung der spurführenden Hinterachse des Zug-Lkw kommen. Sollte es bei einer bestimmten Transportsituation nicht möglich sein, die zu transportierende Ladung so zu verteilen, dass eine ausreichend hohe Stützlast erreicht werde, bestehe - neben einer eventuellen Anpassung der Höhe der Anhängerkupplung - aus technischer Sicht die Möglichkeit, diese durch zusätzliches Mitführen von Ballastgewicht zu realisieren (beispielsweise mittels befüllter Big-Bags oder mittels Betonteilen). Das gerichtlich eingeholte Gutachten bestätigte, dass bereits einfache Maßnahmen die gesetzlich vorgeschriebene Stützlast erfüllen und damit das Aufschaukeln des Anhängers verhindern können.
Hinweis: Zu berücksichtigen war hier, dass es sich um einen Handelskauf handelte. Bei einem Handelskauf ist es einem gewerblichen Käufer zuzumuten, innerhalb von zwei Wochen einen Anhänger im Fahrbetrieb mit und ohne Ladung zu prüfen. Mit einer bloßen Inaugenscheinnahme des Anhängers innerhalb der ersten beiden Wochen nach dem Erwerb genügt der Käufer bei einem Kauf unter Handelsleuten den gesetzlichen Vorgaben nicht, um sich seine Gewährleistungsrechte zu erhalten.
Quelle: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 12.07.2024 - 4 U 63/24
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(aus: Ausgabe 10/2024)
Wer unverschuldet einen Schaden erleidet, darf diesen vom Schädiger zurückverlangen. Wenn rechtlich davon auszugehen ist, dass dem Geschädigten aber bestimmte Aufwendungen erspart geblieben sind, darf der Schadensersatz entsprechend gekürzt werden. Im Folgenden stellte sich die Frage, ob dies im Fall eines selbständigen Taxifahrers bei den Mietfahrzeugkosten erfolgen darf. Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) musste die Antwort finden.
Bei einem Verkehrsunfall wurde das Taxi eines Taxiunternehmers beschädigt, das schließlich vom 17.09.2021 bis zum 14.10.2021 repariert wurde. Für diese Zeit mietete der Geschädigte bei der späteren Klägerin - einem Mietwagenunternehmen - ein Ersatzfahrzeug zum Preis von insgesamt ca. 7.300 EUR netto an und erzielte mit ihm während der Mietdauer Umsätze in Höhe von ca. 7.700 EUR. Seine Ansprüche auf Ersatz der entstandenen Mietwagenkosten trat er an die Klägerin ab. Als diese dann folglich anstelle des geschädigten Taxifahrers auf die gegnerische Versicherung zukam, um die Mietwagenkosten in ganzer Höhe ersetzt zu verlangen, kam es schließlich zum Aufeinandertreffen vor Gericht. Denn der Versicherer des Unfallverursachers war der Ansicht, dass nicht die kompletten Mietwagenkosten zu erstatten seien. Diese seien im Vergleich zum erzielten Gewinn unverhältnismäßig hoch. Während das Landgericht noch die Meinung der Versicherung teilte und die Klage des Taxiunternehmers bzw. der Klägerin abwies, sah das OLG die Angelegenheit anders.
Das OLG vertrat die Auffassung, dass der Taxiunternehmer grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz der Kosten für das angemietete Ersatztaxi habe, da der Ersatz des beschädigten Fahrzeugs für seinen Geschäftsbetrieb unverzichtbar war. Die Kosten seien lediglich um ersparte Eigenaufwendungen von 10 % zu kürzen. Der Taxiunternehmer kann nicht darauf verwiesen werden, einen ihm entgangenen Gewinn geltend machen zu müssen. Ebenfalls war zu berücksichtigen, dass der Taxiunternehmer das Taxi selbst fuhr, ersparte Lohnkosten also nicht zu den erwartbaren Einsparungen gehörten. Bei der Gegenüberstellung seien allenfalls ersparte Betriebskosten in Höhe von pauschal 30 % zu berücksichtigen. In der Gegenüberstellung von Mietkosten und Gewinn überstiegen die Kosten für das Ersatztaxi den im Mietzeitraum erzielten Gewinn um 45 % - von einer Unverhältnismäßigkeit im Sinne einer wirtschaftlich schlechten unverständlichen Entscheidung ist das OLG angesichts dieser Überschreitung jedoch nicht ausgegangen. Das OLG bestätigte demnach den Ersatzanspruch für den Großteil der geforderten Mietwagenkosten.
Hinweis: Wird ein Taxi beim Verkehrsunfall beschädigt, sind grundsätzlich die Mietkosten für ein Ersatzfahrzeug zu erstatten, wobei ersparte Aufwendungen in Höhe von 10 % der Nettomietkosten anzurechnen sind. Nur wenn die Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs unverhältnismäßig sind, kann der Geschädigte ausnahmsweise auf den entgangenen Gewinn verwiesen werden.
Quelle: Schleswig-Holsteinisches OLG, Urt. v. 16.07.2024 - 7 U 124/23
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(aus: Ausgabe 10/2024)
Skurrile Bilder von Schilderwäldern auf deutschen Straßen kennt wohl jeder. Im Fall des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) hatte es ein Autofahrer aber mit dem Gegenteil dessen zu tun, was die meisten Verkehrsteilnehmer zu überfordern droht. Hier fehlte es nämlich an einem entscheidenden Schild - zumindest auch nach Ansicht des OLG. Doch die Kollegen des Amtsgerichts (AG) waren zuvor noch anderer Meinung.
Der Betroffene passierte beim Einbiegen in eine Straße das Verkehrszeichen 290.1, das den Beginn einer eingeschränkten Halteverbotszone anzeigt. In dem darauffolgenden Bereich durften lediglich Anwohner mit einem entsprechenden Parkausweis parken. Etwas später folgte allerdings das Verkehrszeichen 314, das das Parken gegen Entgelt ausdrücklich erlaubt. Dieses Schild zeigte mit einem weißen Pfeil die Richtung an, in der das Parken erlaubt war: Eine durch eingelassene Pflastersteine und eine Bepflanzung gekennzeichnete Fahrbahn von rund 50 Metern Länge. Im Anschluss kehrte die Fahrbahngestaltung wieder zum vorigen Aussehen zurück. Ein zweites Verkehrszeichen 314 - Parkschild mit gegen die Fahrtrichtung zeigendem weißen Pfeil, das ein Ende der beschriebenen Parkzone anzeigte - gab es jedoch nicht. Der Betroffene parkte sein Fahrzeug nach Ende der gesonderten Straßengestaltung rechts am Straßenrand und kaufte sich ein entsprechendes Parkticket. Es kam, wie es kommen musste: Wegen Parkens in einer eingeschränkten Halteverbotszone wurde der Mann verwarnt, und das AG verurteilte ihn wegen fahrlässigen verbotswidrigen Parkens im eingeschränkten Halteverbot zu einer Geldbuße von 25 EUR. Dagegen richtet sich der Antrag des Betroffenen, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
Das OLG ließ die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts zu und hob das Urteil des AG auf. Der Betroffene musste die Geldbuße nicht bezahlen. Das Gericht folgte der Meinung der Vorinstanz nämlich nicht, wonach alleine wegen der unterschiedlichen Fahrbahngestaltung durch Pflaster und Pflanzen erkennbar sei, wo das Parken mit Parkschein erlaubt sei und wo nicht. Eine Begehung einer Ordnungswidrigkeit setze voraus, dass die Anordnung, gegen die verstoßen wird, sichtbar, verständlich und auch bestimmt ist. Das gelte auch für die örtlichen Grenzen, an denen eine Zone beginne und ende. Von einem Kraftfahrzeugführer könne nicht gefordert werden, dass er aufgrund der äußeren Umstände - hier der Gestaltung der gekennzeichneten Fahrbahnfläche - zusätzliche Überlegungen zum möglichen Regelungsinhalt eines Verkehrsschilds anstelle. Da der Anfang der erlaubten Parkfläche durch das Verkehrszeichen 314 mit in Fahrtrichtung weisendem weißen Pfeil gekennzeichnet gewesen sei, dürfe der durchschnittliche Kraftfahrer darauf vertrauen, dass auch das Ende der Parkfläche mit einem gegen die Fahrtrichtung weisenden Pfeil gekennzeichnet werde.
Hinweis: Zwar ist für die Geltung des Zeichens 314 eine Kennzeichnung mit Richtungspfeilen nicht zwingend. Nach der Erläuterung Nr. 1 zu Zeichen 314 (Anlage 3 zu § 42 Straßenverkehrs-Ordnung) kann aber der Anfang des erlaubten Parkens durch einen zur Fahrbahn weisenden waagerechten weißen Pfeil im Zeichen und das Ende durch einen solchen von der Fahrbahn wegweisenden Pfeil gekennzeichnet sein.
Quelle: Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschl. v. 28.06.2024 - II ORbs 26/24
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(aus: Ausgabe 10/2024)
Wer ein Neufahrzeug kauft, weiß, dass dieses meist noch nicht vom Band gelaufen ist. Doch wie lange muss ein Autokäufer auf sein Fahrzeug warten, und welcher Zeitraum ist für eine Wartezeit als angemessen anzusehen? Die Antworten darauf gab das Amtsgericht Hanau (AG).
In einem Kaufvertrag über ein noch herzustellendes Fahrzeug befand sich eine Klausel, nach der es wegen Lieferschwierigkeiten für Bestellungen keinen Liefertermin gebe. Nach mehrfachen Anfragen und einer Fristsetzung von 14 Tagen erklärte der Käufer knapp ein Jahr nach Kaufabschluss dennoch den Rücktritt von dem Vertrag. Hierfür forderte der Händler sodann Schadensersatz in Form von "Stornogebühren" von über 3.000 EUR, da er schließlich ganz ausdrücklich keinen Liefertermin zugesagt habe.
Das AG entschied jedoch, dass sich der Verkäufer durch eine derartige Klausel im Fahrzeugkaufvertrag nicht von der Pflicht befreien kann, den Pkw zumindest innerhalb einer angemessenen Frist zu liefern. Der Fahrzeughändler kann sich nicht eine beliebig lange Lieferzeit vorbehalten. Liefert der Fahrzeughändler ein bestelltes Fahrzeug nicht innerhalb einer angemessenen Frist, kann der Käufer von dem Kaufvertrag zurücktreten, ohne dass dem Händler Stornierungskosten zustehen. Denn die Regelung in dem Kaufvertrag stellt eine vorformulierte allgemeine Geschäftsbedingung dar, über die sich der Händler letztlich in unzulässiger Weise die Gültigkeit des Vertrags habe vorbehalten wollen. Maßgeblich ist, ob der Käufer tatsächlich eine angemessene Zeit abgewartet hat, innerhalb derer der Händler das Fahrzeug liefern musste. Das ist unter Abwägung der Interessen beider Seiten nach 18 Monaten durchaus der Fall.
Hinweis: Bei der Bestimmung einer angemessenen Frist war für den Kläger zu berücksichtigen, dass er einerseits durch die Bestellung ein zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht lieferbares Neufahrzeug zu gegebener Zeit erhält, und dass andererseits sein Kapital in wesentlicher Höhe durch den Kaufvertrag bis auf weiteres gebunden ist. Auf Seiten des Beklagten war einerseits dessen Interesse und das seiner Kundschaft am Handel auch mit noch zu produzierenden Neufahrzeugen und andererseits das grundsätzlich ihn treffende Risiko zu berücksichtigen.
Quelle: AG Hanau, Urt. v. 31.01.2024 - 39 C 111/23
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(aus: Ausgabe 10/2024)
Die sogenannte Betriebsgefahr soll jedem Autofahrer vor Augen führen, dass das Führen eines Kfz im Straßenverkehr stets mit Gefahren verbunden ist. Die Folge ist, dass durch ihn bzw. sein Fahrzeug verursachte Schäden auch nach fehlerfreiem Fahren immer auch ein Stück weit "auf seine Kappe" gehen - zumindest zu einem Prozentsatz. Aber natürlich gibt es auch hier Ausnahmen, und das Landgericht Lübeck (LG) hatte eine solche zu bewerten.
Ein Fahrradfahrer fuhr an einer Landstraße auf einem Radweg, der einen Autobahnzubringer kreuzt - eine Stelle, an der der Autoverkehr Vorfahrt hat. Dem Radfahrer kam dort eine Autofahrerin entgegen, die über diesen Zubringer auf die Autobahn fahren wollte. Als sich die beiden Fahrwege kreuzten, kam es zum Unfall, bei dem der Fahrradfahrer schwer verletzt wurde. Dieser verlangte von der Autofahrerin Schmerzensgeld zu einer Quote von 2/3. Der Radfahrer hat als Kläger vorgetragen, dass er zwar die Vorfahrt missachtet habe, die Autofahrerin aber zu schnell gefahren sei und zudem freie Sicht gehabt habe - sie hätte den Unfall also vermeiden können.
Das LG hat die Klage des Radfahrers als unbegründet abgewiesen und eine Haftung der Autofahrerin verneint. Grundsätzlich besagt die sogenannte Betriebsgefahr zwar, dass der Halter eines Autos immer für Schäden, die durch sein Auto entstanden sind, haftet - ganz egal, ob er einen "Fehler" gemacht hat oder nicht. Die dahinterstehende Idee des Gesetzes ist: Ein Auto im Straßenverkehr zu bewegen, ist per se gefährlich. Wer das tun will, muss für daraus entstehende Schäden haften. Bei einem schwerwiegenden Fehler des Unfallgegners kann diese Betriebsgefahr allerdings zurücktreten - eine Haftung des Halters scheidet dann aus. Hier hatte das LG Zeugen befragt und ein Gutachten eines technischen Sachverständigen eingeholt. Daraus hat sich ergeben, dass die Autofahrerin nicht zu schnell, sondern eher langsam gefahren war und dennoch keine Zeit mehr gehabt hatte, zu reagieren. Der Sachverständige hat dem Gericht plausibel und überzeugend aufgezeigt, dass die beklagte Autofahrerin die Vorfahrtsverletzung des Klägers erst etwa eine Sekunde vor der Kollision erkennen konnte. Damit war keine ausreichende Zeitspanne verblieben, um noch auf das Geschehen reagieren und den Unfall vermeiden zu können. Der Vorfahrtsverstoß durch den Fahrradfahrer wiegt demgegenüber so schwer, dass die Betriebsgefahr auf Seiten der Autofahrerin verdrängt werde.
Hinweis: Bei einer Kollision zwischen einem vorfahrtsberechtigten Pkw und einem Radfahrer haftet der Radfahrer dann voll, sobald seinerseits ein grober Vorfahrtsverstoß feststeht, jedoch keinerlei gefahrerhöhende Umstände auf Seiten des Autofahrers. Kommt es auf einer Kreuzung zu einer derartigen Kollision, ist von einer überwiegenden Verursachung des Unfalls durch den wartepflichtigen Fahrradfahrer auszugehen.
Quelle: LG Lübeck, Urt. v. 17.01.2024 - 6 O 8/22
zum Thema: | Verkehrsrecht |
(aus: Ausgabe 10/2024)
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