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Zum Thema Sonstiges
- Ausnahmevorschrift für Rücktritt: Bei Reisebuchung bereits bekannte Pandemie ist kein "außergewöhnlicher Umstand" mehr
- Keine Corona-Tests erforderlich: Preisminderung, weil der Gastwirt die Hochzeit erheblich störte
- Negativzinsen: Verwahrentgelte für Einlagen auf Girokonten sind rechtmäßig
- Sperrung des Facebookkontos: Eilverfahren verhindert Kontolöschung, beschleunigt aber nicht die Freischaltung
- Vertraglich geschuldete Leistung: BGH bejaht Ersatzanspruch von Bonusmeilen bei Reiserücktrittskostenversicherung
Das "Reisen in Pandemiezeiten" könnte als Rechtsratgeber womöglich bald Regale füllen. Doch noch müssen viele Fälle ausverhandelt werden - so wie der folgende. Hier stellte sich die Frage, ob man von einer Reise zurücktreten kann, die man erst nach dem Pandemieausbruch gebucht hat. Mit der Beantwortung dieser Frage wurde das Landgericht Koblenz (LG) betraut.
Ende April 2021 buchte ein Mann für sich und seine Frau eine zweiwöchige Kreuzfahrt im Januar 2022 für über 7.000 EUR. Einen Monat vor Beginn der Kreuzfahrt informierte der Reiseveranstalter, dass der gebuchte Landausgang zum Besuch eines Konzerts wegen coronabedingter Einschränkungen storniert werden müsse. Als das Auswärtige Amt dann das Reiseland sogar als Hochrisikogebiet einstufte, trat der Mann von der Reise zurück und verlangte die Rückerstattung des gezahlten Reisepreises. Der Reiseveranstalter erstattete jedoch nur 10 %. Dagegen klagte der Mann - vergeblich.
Er konnte laut AG nämlich nicht kostenfrei von der gebuchten Reise zurücktreten. Zwar gibt es grundsätzlich eine Ausnahmevorschrift für eine Möglichkeit des Rücktritts vor einem außergewöhnlichen Umstand. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Reise vor dem Ausrufen der Pandemie durch die Weltgesundheitsorganisation am 11.03.2020 gebucht worden war. Das war jedoch nicht der Fall. Wenn eine Buchung trotz des Risikos erfolgt, ist das Eintreten des Risikos nicht mehr "außergewöhnlich", so dass die Möglichkeit eines Rücktritts somit auch nicht mehr besteht.
Hinweis: Wer also nach Beginn der Pandemie gebucht hat, dem kommen wesentlich weniger Rechte zu als demjenigen, der eine Reise vor Ausbruch der Pandemie gebucht hat.
Quelle: LG Koblenz, Urt. v. 01.02.2023 - 3 O 140/22
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(aus: Ausgabe 06/2023)
Zweieinhalb Jahre Pandemie hatten dem Restaurantbetreiber zum Zeitpunkt des folgenden Falls sicherlich schwer zugesetzt. Die Gastronomie litt schließlich besonders hart unter den Kontaktverboten, und das Verstärken, Lockern und erneute Verstärken behördlicher Maßnahmen trugen sicherlich nicht zur Klarheit über aktuell geltende Vorgaben bei. Dennoch musste das Amtsgericht München (AG) hier Recht sprechen - und zwar auf Handeln eines Paars hin, das sich durch die übertriebene Vorsicht des Gastwirts um den "schönsten Tag ihres Lebens" gebracht sah.
Das Ehepaar hatte für Ende Juni 2022 in einer Gaststätte auf Sylt die Ausrichtung einer Hochzeitsfeier gebucht. Am Tag der Hochzeit wurde der Vater der Braut positiv auf Covid getestet. Nun wurden gemeinsam Lösungen gesucht. Der Vater der Braut konnte schließlich in der Art an der Feier teilnehmen, dass er sich im Außenbereich des Restaurants aufhielt und durch ein Fenster der Zeremonie beiwohnen konnte. Das reichte dem Restaurantbesitzer jedoch nicht aus, so dass er vor Einlass in den Innenbereich des Restaurants auch für alle übrigen 76 Gäste einen Corona-Test verlangte. Das Hochzeitspaar akzeptierte die Forderung, um die Feier nicht platzen zu lassen. Sämtliche Gäste wurden daraufhin getestet. Da auch der Vater des Bräutigams dabei positiv getestet wurde, musste er sich zum Vater der Braut in den Außenbereich begeben. Durch die Testung verzögerte sich der Beginn des Abendessens um zwei Stunden. Zudem führt dieses zu erheblichen Auseinandersetzungen innerhalb der Hochzeitsgesellschaft. Schließlich ging es um die Bezahlung der Feier - 20 % des Rechnungsbetrags von etwas über 20.000 EUR behielt das Hochzeitspaar ein. Die Gaststätte verlangte nun den Rest.
Nach Ansicht des AG konnte die Gaststätte jedoch nur 85 % des Rechnungsbetrags verlangen. Denn in den Augen des Gerichts lag eine erhebliche und nicht mehr rechtlich gerechtfertigte Störung durch die Durchführung der Corona-Tests bei allen Gästen vor. Eine gesetzliche Verpflichtung dazu gab es im Zeitpunkt der Hochzeitsfeier nämlich nicht mehr. Nach der damals geltenden Rechtslage waren selbst Kontaktpersonen eines Infizierten nicht einmal mehr zur Isolation verpflichtet, und auch eine Pflicht zur Testung bestand für sie nicht.
Hinweis: Da hat der Inhaber der Gaststätte einiges übertrieben. Corona-Tests waren im Zeitraum nicht (mehr) erforderlich und stellten somit einen erheblichen Mangel bei der Hochzeit dar.
Quelle: AG München, Urt. v. 23.01.2023 - 132 C 12148/22
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(aus: Ausgabe 06/2023)
Das Thema Negativzinsen sorgt sowohl bei Banken als auch bei Anlegern für Aufregung. Ob von Banken neben Kontoführungsgebühren weitere Entgelte für die reine Verwahrung des Angesparten erhoben werden dürfen, musste das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) beantworten.
Eine Bank führte seit April 2020 für Girokonten neben einer monatlichen Kontoführungsgebühr ein sogenanntes Verwahrentgelt ein, was sie durch Preisaushang in ihren Geschäftsräumen den Kunden mitgeteilt hat. Im Fall der Neuanlage/Neuvereinbarung sollten die Kunden für Einlagen von über 10.000 EUR somit ein Entgelt in Höhe von 0,5 % pro Jahr zahlen. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hielt dies für rechtswidrig und klagte dagegen - ohne Erfolg.
Die Bank durfte laut OLG bei Neuanlagen auf Girokonten neben einer monatlichen Kontoführungsgebühr durchaus ein Verwahrentgelt von ihren Kunden verlangen. Die sogenannten Negativzinsen bei Girokonten können also rechtmäßig sein. Bei dem Entgelt für die Verwahrung handelt es sich um ein Entgelt für eine Hauptleistung und nicht um ein solches für eine bloße Nebenleistung zur Erbringung von Zahlungsdienstleistungen. Auch eine daneben berechnete Kontoführungsgebühr steht dem also nicht entgegen.
Hinweis: Sogenannte Strafzinsen auf Girokonten können - wenn die Bank alles richtig macht - rechtmäßig sein. Es kommt (wie immer!) auf den Einzelfall an. Wegen der Bedeutung der Sache wurde die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.
Quelle: OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.03.2023 - I-20 U 16/22
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(aus: Ausgabe 06/2023)
Ob man wirklich gehackt wurde oder eher selbstverschuldet einer falschen E-Mail aufgesessen ist? Egal, denn ein falscher Klick und das Social-Media-Konto ist schnell gesperrt - für viele Menschen ein Drama. Was für die meisten unter ihnen den Draht zur Welt bedeutet, ist für andere zudem auch eine Frage der beruflichen Existenz. Was gegen eine solche Sperre zu tun ist und was leider nicht, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG).
Eine Frau hatte ein Facebookkonto, das von Facebook gesperrt und deaktiviert wurde. Grund dafür sei gewesen, dass die sogenannten Standards der Facebookgemeinschaft nicht eingehalten worden seien. Die Frau behauptete jedoch, ihr Konto sei "gehackt" worden, und beantragte daraufhin eine einstweilige Verfügung. Facebook sollte verpflichtet werden, das Konto wiederherzustellen und ihr die Nutzung wieder zu ermöglichen. Außerdem sollte Facebook verboten werden, das Konto unwiederbringlich zu löschen. Das erstinstanzliche Landgericht untersagte Facebook, das Konto unwiederbringlich zu löschen. Eine Nutzungsmöglichkeit gewährte es der Frau jedoch nicht. Dagegen zog die Frau vor das OLG.
Das OLG half ihr aber auch nicht weiter. Wurde ein privat genutztes Facebookkonto aus Sicherheitsgründen gesperrt, hat der Nutzer im Eilverfahren keinen Anspruch auf Freischaltung. Das gilt jedenfalls dann, wenn Facebook bereits die unwiederbringliche Kontolöschung untersagt wurde. Dass der Nutzer vorübergehend bis zum Abschluss eines etwaigen Hauptverfahrens seine privaten Kontakte über Facebook nicht pflegen kann, ist hinzunehmen.
Hinweis: Viele Menschen sind auf Facebookkonten angewiesen, da sie diese beruflich nutzen. Schnell ist zu erkennen, dass diese Fälle nur durch einen Spezialisten gelöst werden können - im Zweifel durch einen Rechtsanwalt.
Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 27.03.2023 - 17 W 8/23
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(aus: Ausgabe 06/2023)
Eine Versicherung über eine Reiserücktrittskostenerstattung kann eine sehr sinnvolle Sache sein. Ob man als Reisender darüber auch eingesetzte, aber eben nicht in Anspruch genommene Bonusmeilen erstattet bekommen kann, war eine rechtlich interessante Frage, die final erst vom Bundesgerichtshof (BGH) beantwortet werden konnte.
Ein Mann machte als mitversicherte Person Ansprüche aus einer Reiserücktrittskostenversicherung geltend. Der Reiseschutzbrief umfasste unter anderem eine "Reiserücktrittskostenversicherung für die Absicherung eines Reisepreises von 3.000 EUR". Dann buchte der Mann bei einer Fluggesellschaft den Hin- und Rückflug von Deutschland in die USA. Er bezahlte mit Bonusmeilen aus einem von der Fluggesellschaft angebotenen Bonusprogramm. Aufgrund einer Erkrankung musste er dann jedoch die Flugreise stornieren. Die eingesetzten Bonusmeilen wurden ihm jedoch von der Fluggesellschaft entsprechend den vereinbarten Bedingungen nicht erstattet. Daher verlangte er nun von dem Versicherungsunternehmen eine Entschädigung für die eingesetzten Bonusmeilen bis zur versicherungsvertraglich vereinbarten Haftungshöchstsumme von 3.000 EUR. Und die erhielt er auch.
Denn die vom Versicherer im Versicherungsfall zu leistende Entschädigung für die einem Reiseunternehmen vertraglich geschuldeten Rücktrittskosten umfasst auch den Ersatz für Bonusmeilen. Eine Beschränkung auf Geldzahlungen hat der BGH nicht angenommen.
Hinweis: Auch im Reiserecht ist eben nicht jeder Fall wie der andere. Helfen kann in jedem Fall der Rechtsanwalt des Vertrauens.
Quelle: BGH, Urt. v. 01.03.2023 - IV ZR 112/22
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(aus: Ausgabe 06/2023)
Sollten Sie Fragen zu den angeführten Entscheidungen der Gerichte haben, die in Bezug zu Ihrem persönlichen Anliegen stehen, treten Sie gern mit uns in Verbindung.