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Zum Thema Sonstiges
- Ausgeglichene CO2-Bilanz: Wann ein Produkt mit der Aussage "klimaneutral" beworben werden darf
- Betreiber bedauert Hygienekonzept: Wer im Hotel die Nichteinhaltung der Corona-Regeln befürchten muss, darf kostenlos stornieren
- Nachträgliche Belastungsstörung: Fluggesellschaft muss für nachweisbare Beeinträchtigung der psychischen Integrität aufkommen
- Online-Verleumdung: Links zu falschen Darstellungen müssen auch gelöscht werden
- Reise in der Pandemie: Kein Wettbewerbsverstoß, wenn kommunikativ auf Gutscheinoption statt auf Stornierung gesetzt wird
Die Verbraucher werden sensibler, was ihren Konsum hinsichtlich ihres sogenannten CO2-Fußabdrucks angeht. Dass Werbeaussagen zur Umweltverträglichkeit daher genau unter die Lupe genommen werden müssen, versteht sich von selbst. Genau mit dieser Aufgabe war das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) auf Betreiben eines Mitbewerbers des hier beklagten Unternehmens befasst.
Ein Unternehmen vertrieb verschiedene Markenhaushalts- und Hygieneartikel unter einer Eigenmarke, darunter auch Müllbeutel. Die hier relevanten Müllbeutel wurden mit dem Hinweis "klimaneutral" beworben. Ein Wettbewerber war damit nicht einverstanden und hielt die Werbung für unlauter. Nachdem eine Abmahnung nichts brachte, wurde eine Klage erhoben mit dem Antrag, die Werbung für Müllbeutel mit der Angabe "klimaneutral" zu untersagen - das jedoch vergeblich.
Die Werbeaussage "klimaneutral" für eine Ware sei in Augen des OLG nicht per se irreführend. Diese auf einem Müllbeutel aufgedruckte Werbeaussage lässt auch nicht etwa darauf schließen, dass das herstellende Unternehmen ausschließlich klimaneutrale Ware produziere. Anders als der unscharfe Begriff der "Umweltfreundlichkeit" enthält der Begriff der Klimaneutralität eine eindeutige Aussage - und zwar die Erklärung, dass die damit beworbene Ware eine ausgeglichene CO2-Bilanz aufweist. Die Angabe "klimaneutral" müsse hingegen nicht bedeuten, dass die ausgeglichene Bilanz durch gänzliche Emissionsvermeidung bei der Produktion erreicht werde.
Hinweis: Ob ein Produkt wirklich klimaneutral ist oder nicht, lässt sich für Verbraucher oftmals nicht nachvollziehen. Nur der Glaube an die Hersteller reicht vielen nicht aus, Alternativen sind jedoch häufig nicht sichtbar.
Quelle: Schleswig-Holsteinisches OLG, Urt. v. 30.06.2022 - 6 U 46/21
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(aus: Ausgabe 01/2023)
Als nach den ersten harten Corona-Maßnahmen das Reisen unter bestimmten Bedingungen wieder möglich schien, hofften viele auf die dringend nötige Erholung - auch der Kläger im folgenden Fall, mit dem das Amtsgericht Schmallenberg (AG) befasst wurde. Denn hier schlug die Hoffnung des Mannes und seiner Familie schnell in Entäuschung um - der Hotelbetreiber zeigte Verständnis für Impfgegner. Ob daraufhin die Reisestornierung möglich war, lesen Sie hier.
Ein Mann hatte für sich und seine Familie im Januar 2022 in einem Familienhotel für vier Tage ein Dreiraumappartement zum Tarif "All-Inclusive-Premium" für 2.120 EUR gebucht. Zwei Wochen vor Reisebeginn erhielt er ein E-Mail-Rundschreiben des Hotels. Darin stand neben Weihnachtswünschen auch das folgende Statement zum von einer Behörde abgenommenen Hygienekonzept: "... Wir werden seit Wochen per Verordnung dazu gedrängt, Menschen auszugrenzen; denn es gelte 2G für Privatreisende und 3G bei Geschäftsreisen. Das fällt uns schwer. Und wir haben gleichzeitig Verständnis für Menschen, die sich die Injektionen aus unterschiedlichen Gründen nicht verabreichen lassen wollen ...." Unmittelbar nach Erhalt dieses Rundschreibens stornierte der Mann seine Buchung, da er nach dem Rundschreiben und einer Recherche im Internet befürchtete, dass in dem Hotel die Corona-Regeln nicht eingehalten würden.
Schließlich klagte er mit Erfolg auf Rückzahlung der bereits angezahlten 1.060 EUR. Das AG meinte nämlich, dass ein Hotelier, der den Rechtsschein setzt, dass er die Corona-Schutzverordnung nicht nur ablehne, sondern auch zu umgehen versuche, mit Stornierungen rechnen muss. Es ist einem Gast, der die Corona-Pandemie offenkundig ernst nimmt, schlicht nicht mehr zuzumuten, mit seiner Familie in einem solchen Hotel zu übernachten und Urlaub zu machen. Der Mann konnte somit die komplette Rückzahlung der bereits geleisteten Anzahlung verlangen.
Hinweis: Es war für das Gericht völlig unerheblich, ob das Hotel tatsächlich gegen Bestimmungen der Corona-Schutzverordnung verstoßen habe oder nicht. Allein die Äußerungen reichten, um ernsthafte Befürchtungen zu hegen, dass gegen die Hygienevorschriften verstoßen werde.
Quelle: AG Schmallenberg, Urt. v. 29.06.2022 - 3 C 32/22
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(aus: Ausgabe 01/2023)
Dass es trotz aller Sicherheitsvorkehrungen in der Luftfahrt zu beängstigenden Vorfällen kommen kann, ist nicht auszuschließen. Ob eine Fluggesellschaft für psychische Folgen nach einer Notfallevakuierung aufkommen muss, musste als Grundsatzfrage zuerst vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) geklärt werden, damit der Einzelfall in Österreich behandelt werden konnte.
Eine Flugpassagierin hatte nach einer Notfallevakuierung eines Flugzeugs eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) erlitten und verklagte daraufhin die österreichische Fluggesellschaft auf Schadensersatz. Die Klägerin hatte das Flugzeug über den Notausstieg verlassen müssen und war durch den sogenannten Jetblast eines Triebwerks mehrere Meter durch die Luft geschleudert worden. Der österreichische Oberste Gerichtshof legte die Angelegenheit dem EuGH mit der Frage vor, ob eine Fluglinie für eine psychische Beeinträchtigung Schadensersatz leisten müsse.
Der EuGH urteilte, dass Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens von Montreal dahin auszulegen ist, dass für eine psychische Beeinträchtigung, die ein Fluggast durch einen Unfall im Sinne dieser Bestimmung erlitten hat, in gleicher Weise Schadensersatz zu leisten ist wie für eine Körperverletzung. Weitere Voraussetzung ist jedoch, dass der Fluggast eine Beeinträchtigung seiner psychischen Integrität nachweist, die von solcher Schwere oder Intensität ist, dass sie sich auf seinen allgemeinen Gesundheitszustand auswirkt und nicht ohne ärztliche Behandlung abklingen kann.
Hinweis: Es kann also auch Ausgleichszahlungen für psychische Unfallfolgen im Zusammenhang mit einer Flugreise geben. Die Beweislage dabei ist natürlich nicht immer ganz einfach, wie bei allen rein psychischen Auswirkungen. Trotzdem sollten sich Betroffene deshalb keine allzu großen Sorgen machen. Denn im Zweifel können Gutachter die Kausalität feststellen.
Quelle: EuGH, Urt. v. 20.10.2022 - C-111/21
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(aus: Ausgabe 01/2023)
Wer sich gegen Verleumdungen zur Wehr setzen will, muss besonders in unseren digitalen Zeiten einen langen Atem und ein dickes Fell beweisen. Gut, wenn man Gerichte wie das Oberlandesgericht Celle (OLG) an seiner Seite weiß. Denn das folgende Urteil zeigt, welche Pflichten bestehen, wenn im Internet falsche Darstellungen von Personen zu löschen sind - vor allem, im welchem Umfang.
Auf einer Internetplattform wurde über eine Frau ein Artikel verbreitet mit folgender Überschrift: "Jugendhilfestation O.: Ist Frau K. S. eine Kinderrechteschänderin?" Zudem wurden in verschiedenen Gruppen der Internetplattform Links unter der Überschrift verbreitet. Dagegen ging die Frau vor, und zwar erfolgreich. Dem Antragsgegner wurde daraufhin aufgegeben, es zu unterlassen, über die Frau zu verbreiten oder verbreiten zu lassen, sie sei eine Kinderrechteschänderin. Zwar löschte der Antragsgegner den Beitrag auf der Internetplattform tatsächlich, doch es kam zu dem Phänomen, das Internetusern altbekannt ist: Die Links waren nach wie vor (hier innerhalb von zwei Gruppen) abrufbar. Daher beantragte die Frau nun ein Ordnungsgeld über 1.000 EUR wegen schuldhafter Zuwiderhandlung gegen eine Unterlassungsverfügung. Dagegen legte der Antragsgegner eine Beschwerde ein - jedoch vergeblich.
Eine schuldhafte Zuwiderhandlung gegen eine Unterlassungsverfügung kann in Augen des OLG auch dadurch verwirklicht sein, dass der Unterlassungsschuldner zwar den ursprünglichen Beitrag löscht, nicht aber eine von ihm vorgenommene Verlinkung auf diesen Beitrag entfernt. Das gilt jedenfalls dann, wenn sich diesem Link der Kern der zu unterlassenden Äußerung ebenfalls entnehmen lässt.
Hinweis: Wer öffentlich verleumdet wird, kann dagegen effektiv vor den Gerichten vorgehen. Ein entsprechend versierter Rechtsanwalt kann dabei helfen, die Rechte durchzusetzen. Unwahrheiten über eine Person, die auch nach Jahren noch im Internet zu finden sind, sollte es nicht geben.
Quelle: OLG Celle, Beschl. v. 19.08.2022 - 5 W 25/22
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(aus: Ausgabe 01/2023)
Auch wenn die Pandemie größtenteils überwunden scheint - die Gerichte wird sie noch eine ganze Weile beschäftigen. In diesem Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) ging es um die Frage, ob das Nichterwähnen einer Stornierungsmöglichkeit einer Reise während der Pandemie automatisch einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht darstellt.
Hier klagte eine Verbraucherzentrale gegen eine Reiseveranstalterin von Pauschalreisen. Vom 28.05.2020 bis zum 08.07.2020 befand sich auf der Internetseite der Reiseveranstalterin ein Hinweis, dass sie wegen vieler Anfragen schwer erreichbar sei. Gäste würden in der Reihenfolge ihrer Abreise unaufgefordert kontaktiert, das Team erarbeite gerade alternative Angebote für Reisen im nächsten Jahr. Weiter hieß es: "Wir würden uns freuen, wenn Sie Ihre Traumreise ... um ein Jahr verschieben ...". Ferner bat die Reiseveranstalterin darum, aktuell von Rückfragen abzusehen, "bis das Schreiben bei Ihnen ist". Die Verbraucherzentrale meinte nun, durch die Hinweise würden Kunden davon abgehalten, ihre Reise gegen Rückerstattung des Reisepreises zu stornieren, und klagte wegen eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht.
Das OLG meinte jedoch, dass ein Gutschein statt einer Stornierung nicht unlauter sei. Biete ein Reiseveranstalter seinen Kunden eine Umbuchung einer pandemiebedingt nicht durchführbaren Reise an, ohne ausdrücklich auf die Möglichkeit der Stornierung gegen Rückerstattung des Reisepreises hinzuweisen, ist dies nicht automatisch ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Das gilt jedenfalls, solange der Verbraucher nicht über den optionalen Charakter des Angebots getäuscht wird.
Hinweis: Nur weil ein Verhalten nicht wettbewerbswidrig ist, muss es noch lange nicht heißen, dass es auch im Verhältnis zum Reisenden rechtmäßig ist. Verlangt ein Reisender wegen einer ausgefallenen Reise eine Entschädigung oder die Erstattung seines Reisepreises, kann der Anwalt des Vertrauens helfen.
Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 15.09.2022 - 6 U 191/21
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(aus: Ausgabe 01/2023)
Sollten Sie Fragen zu den angeführten Entscheidungen der Gerichte haben, die in Bezug zu Ihrem persönlichen Anliegen stehen, treten Sie gern mit uns in Verbindung.