1 Verkehrskontrolle – 2 Bußgeldbescheide – 1 Freispruch

Ein Fall aus der anwaltlichen Praxis:

Der Mandant erhielt im Nachgang zu einer Verkehrskontrolle zwei Bußgeldbescheide. Hierin wurde ihm vorgeworfen, beim Abbiegen einen Fußgänger gefährdet zu haben (70,00 € + 1Punkt) und zudem mit mangelhaften Reifen gefahren zu sein (90,00 € + 1 Punkt).

Der mangelhafte Reifen lag in der Tat vor. Der Reifen wies ein fehlendes Gummistück auf, so dass die Karkasse zum Vorschein kam. Hierdurch ist die Verkehrssicherheit beeinträchtigt.  Eine Gefährdung eines Fußgängers beim Abbiegen will der Mandant hingegen nicht bemerkt haben.

Gleichwohl haben wir dem Mandant angeraten, den Bußgeldbescheid bzgl. des unachtsamen Abbiegens zu akzepieren und in Rechtkraft erwachsen zu lassen und gegen den Bußgeldbescheid bzgl. des Reifens Einspruch einzulegen. Grund hierfür war, dass mit der Rechtskraft des Bußgeldbescheides bzgl. des unachtsamen Abbiegens eine weitere Ahndung bzgl. des mangelhaften Reifens in einem gesonderten Bußgeldbescheid nicht mehr möglich ist. Hierdurch haben wir erreicht, dass der Mandant nur die geringe Geldbuße zahlen musste und auch nur 1 Punkt im Fahreignungsregister eingetragen wurde.

Diese Vorgehensweise konnten wir dem Mandanten anraten, da der Abbiegevorgang und das Fahren mit mangelhaften Reifen einen einheitlichen Lebensvorgang darstellt (materiell-rechtliche Tateinheit) und in diesem Fall auch „eine Tat im prozessualen Sinn“ darstellt.

Ist über einen Lebensvorgang aus „einer Tat im prozessrechtlichen Sinn“ – auch ohne Beachtung der weiteren strafrelevanten Lebensvorgänge – rechtskräftig entschieden, stellt die Rechtskraft der Entscheidung ein Verfahrenshindernis dar. Dies hat zur Konsequenz, dass eine Befassung des Gerichts mit den weiteren strafrelevanten Lebensvorgängen und deshalb auch eine Ahndung verboten sind.

Über den Bußgeldbescheid bzgl. der mangelhaften Bereifung ist aufgrund des Einspruchs ein gerichtlicher Hauptverhandlungstermin durchgeführt worden, in dem der Mandant aus oben genannten Gründen auf Kosten der Staatskasse sodann freizusprechen war. Den als Zeugen geladenen Polizeibeamten wurde durch das Gericht dringend nahegelegt, sich nochmals mit der Problematik der „Tateinheit/Tatmehrheit“ auseinander zu setzen und u.U. Nachschulungen zu besuchen.

Zu beachten ist jedoch, dass trotz Tateinheit beide Bußgeldbescheide in Rechtskraft erwachsen wären, wenn die Einspruchsfrist ungenutzt verstrichen wäre. Allein der Umstand, dass ein Bußgeldbescheid fehlerhaft erlassen wurde, führt nicht automatisch zu seiner Unwirksamkeit. Hier muss der Betroffene aktiv gegen vorgehen. Auf unsere kompetente Unterstützung können unsere Mandanten hierbei gern zurückgreifen.