Aus der anwaltlichen Praxis: Rotlichtverstoß

Gegen den Mandanten wurde ein Bußgeldverfahren wegen eines einfachen Rotlichtverstoßes geführt. Der Vorwurf beruhte auf einer sog. „zufälligen Beobachtung“ durch Polizeibeamte, die ca. 3 Fahrzeuglängen hinter dem Fahrzeug des Mandanten gefahren sein wollen. Der Mandant wurde an der nächsten Kreuzung „gestellt“, wo ihm der Tatvorwurf eröffnet wurde und die Beamten sodann ihre Anzeige (s.u.) fertigten.

Die Einlassung des Mandanten „für mich war noch gelb“ haben sie aufgenommen. Ihre eigenen Beobachtungen haben die Beamten mit „unbekanntes Fahrzeug im rechten Fahrstreifen blieb bei ORANGE stehen“ festgehalten.

Eine derartige Anzeigenaufnahme hätte schon beim Sachbearbeiter, der den Bußgeld-bescheid ausfertigt, wegen offensichtlicher Unvollstänidigkeit auf derart erhebliche Bedenken stoßen und ihn dazu bewegen müssen, den Bußgeldbescheid nicht zu erlassen. Aber der Bußgeldbescheid mit 90 EUR und 1 Punkt wurde dem Mandanten zugestellt.

Wir haben nachtürlich fristwahrend Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt und Freispruch für den Mandanten beantragt. Zur Begründung war anzuführen, dass der Tatnachweis eines einfachen Rotlichtverstoßes nicht geführt werden kann, denn aus der Anzeige der aufnehmenden Beamten lässt sich der Standort des Mandantenfahrzeuges zum Zeitpunkt des Umspringens der Ampel von gelb auf rot gerade nicht  entnehmen. Auch die Information, dass das Fahrzeug auf der Nebenspur bei ORANGE angehalten habe, stützt keine Verurteilung. Zum einen kennt die Straßenverkehrsordnung kein ORANGE in Bezug auf eine Ampelregelung, zum anderen ist die räumliche Position des Mandantenfahrzeug zu diesem Fahrzeug völlig unklar. Fuhr es davor, dahinter oder auf gleicher Höhe? Derartige Angaben wären aber wichtig für den notwendigen Tatnachweis gewesen.

Die Bußgeldstelle hat den Vorgang gleichwohl an das Amtsgericht Tiergarten zur Entscheidung abgegeben. Es wurde sodann eine Hauptverhandlung durchgeführt, in der zwei der Beamten zum Vorfall vernommen wurden. Diese konnten sich konkret an den Vorfall nicht erinnern (was angesichts des täglich von ihnen zu bewältigenden Volumens solcher/ähnlicher Ordnungswidrigkeiten nicht verwunderlich ist). Auf Vorhalt der von ihnen gefertigten Anzeige konnten die Beamten nur müde wiederholen, was in der Anzeige niedergeschrieben war. Konkrete Angaben zur Entfernung des Mandantenfahrzeuges zur Haltelinie zum Zeitpunkt des Umspringens der Ampel von gelb auf rot oder wenigstens dessen räumliche Beziehung zum Fahrzeug auf der Nachbarspur konnten die Zeugen nicht machen.

Der Mandant war daher freizusprechen und alle Kosten der Staatskasse aufzuerlegen.